Ein Vortrag von
Herrn Professor em. Dr. Dr. h.c. Joachim Rückert
am Mittwoch, den 5. Juli 2023 ab 19 Uhr
im Haus am Dom, Domplatz 3, Frankfurt am Main. Parkmöglichkeiten bestehen im Parkhaus Römer (Domstr. 1), Konstabler (Töngesgasse 8), Hauptwache (Kornmarkt 10) oder Alt-Sachsenhausen (Walter-Kolb-Str. 16)
Zum Vortrag:
In der Frankfurter Juristischen Gesellschaft über Lotmar zu reden, hat mindestens drei Gründe, zwei kleine rhetorische und einen großen sachlichen. Zum einen war Lotmar geborener Frankfurter. Er gehörte zu der nie ganz kleinen jüdischen Gemeinde von meist sehr tüchtigen Unternehmern und Bankiers. In der zweiten oder dritten Generation wandten sich die Kinder mit wachsender Assimilation und allmählicher Zulassung zu Medizin und Jurisprudenz oft auch den Wissenschaften zu. So auch Lotmar, geboren 1850. Zum zweiten handelt es sich um einen fast ganz runden Gedenktag. Denn 1922, also vor 101 Jahren starb Philipp Lotmar in Bern. Ich bin also nur ein Jahr zu spät. Warum Bern? Bern musste zu Lotmars Heimat als Professor des römischen Rechts werden, da für den Sozialdemokraten und Juden nach 1890 in Deutschland an keiner Universität Platz war. Wichtiger ist heute Abend natürlich der sachlich-juristische Grund. Das ist Lotmars Vermächtnis als Pionier eines „sozialen“ Privatrechts in Deutschland. „Sozial“ sein war seit der um ca. 1870 in aller Munde gekommenen „Sozialen Frage“ auch für das Recht dieHerausforderung – bis heute. Das BGB habe dazu nichts geboten, das werden die meisten im Studium gelernt haben, Von Gierkes und Mengers Kritik, aber nicht von Lotmar werden sie gehört haben. Das lag an einer Konzeption von sozialem Privatrecht, die das BGB nicht zuletzt 1896 im Reichstag zwar noch zum Erfolg trug, die aber schon seit ca. 1890 im Gefolge einer eher intervenierenden Rechtspolitik so gut wie verloren ging. Zu Unrecht, denn sie ist bis heute relevant. Lotmar vor allem hat sie konkret erarbeitet und vertreten. Besonders quellennah und möglichst anschaulich an seinen Texten möchte ich das vorstellen. Wer schon mal mehr über Lotmar wissen will, kann sich im Frankfurter Personenlexikon digital und allgemein orientieren: https://frankfurter-personenlexikon.de/node/7251
Zum Referenten:
Joachim Rückert (1945 in Oberbayern), Dr.iur., 1993-2010 o. Univ.prof. i.R. an der Goethe-Universität für Neuere Rechtsgeschichte, Juristische Zeitgeschichte, Zivilrecht und Rechtsphilosophie; Studium der Jurisprudenz, Geschichte und Philosophie in Berlin, Tübingen und München; Examina, Promotion und Habil. in München; 1984 o. Prof. für Zivilrecht und Rechtsgeschichte in Hannover. Forschungsschwerpunkte: Neuere Rechts- und Sozialgeschichte seit dem 18. Jh., historische Rechtsvergleichung, Privatrechtsgeschichte, Wissenschaftsgeschichte, juristische Grundbegriffe in historischer Perspektive, interdisziplinäre Fragen, arbeitsrechtliche Bezüge. Monographien über „A.L. Reyschers Leben und Rechtstheorie“ (1974), „Betriebliche Arbeiterausschüsse in Deutschland, Großbritannien und Frankreich im späten 19. und frühen 20. Jh.“ (1979), „Idealismus, Jurisprudenz und Politik bei Fr. C. von Savigny“ (1984), „Autonomie des Rechts in rechtshistorischer Perspektive“ (1988), „Frei und sozial“ als Rechtsprinzip (2006); zahlreiche Aufsätze und Sammelwerkbeiträge; Hg./Mithg. u.a. der Reihe Savignyana, der Fundamenta Juridica, der Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts,der Methodik des Zivilrechts (1997, 2.A. 2012), der Zs. der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, des Historisch-Kritischer Kommentar zum BGB (darin zu vor § 1: Das BGB und seine Prinzipien, 2003; §§ 611: Dienstvertrag, 2013). Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Fritz-Bauer-Instituts.